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"Kissing Babies" als unvermeidlicher Teil jeden Wahlkampfes: ein junger Unterstützer Ron Pauls.

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Wer in Iowa für seinen Kandidaten eintritt – im Bild eine Anhängerin Newt Gingrichs –, muss vor allem kälteresistent sein.

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Manchmal treten Transparente auch ohne Menschen auf: Werbung für den erzkonservativen Rick Santorum.

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Allein auf weiter Flur für Mitt Romney.

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Vor allem die Republikaner, die mit einer Art B-Team antreten, scheinen davon aber nichts wissen zu wollen.

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Amerika ringt um Orientierung, es sucht nach der Wende, dem Aufstieg aus dem Jammertal einer ungewöhnlich langen, ungewöhnlich deprimierenden Wirtschaftsflaute. Viele Erwartungen, die es vor gut drei Jahren in Barack Obama gesetzt hatte, wurden enttäuscht. Vielleicht auch, weil sie einfach zu groß waren für einen einzigen Präsidenten. Nun ist das Land bereit, neue Hoffnungsträger zu testen. Es ist ungeduldig und durchaus willens, das Ruder erneut herumzuwerfen, wie es nun mal dem amerikanischen Ideal schnellen Wandels und plötzlicher Neuerfindung entspricht.

Damit kann das Wahljahr 2012 im Zeichen einer harten, hochinteressanten Grundsatzdebatte stehen. Auf der einen Seite die Republikaner mit ihrem bedingungslosen Individualismus, ihrem bisweilen absurd zugespitzten Mantra, wonach sich Uncle Sam aus allem heraushalten soll, weil sonst der Rutsch in den Sozialismus droht. Auf der anderen Seite die Demokraten Obamas mit einem Gesellschaftskonzept, das dem staatlichen Gemeinwesen sehr wohl eine wichtige Rolle zuweist, auch wenn es ein gutes Stück entfernt ist vom Sozialstaat mitteleuropäischer Prägung. Welchen Ansatz die Wähler für geeigneter halten, um die Wirtschaft nach dem Finanzcrash wieder in Schwung zu bringen und die Nation zurückzuführen zu alter Größe - danach entscheidet sich, wer im November gewinnt.

Misst man es am Richtungscharakter dieser Wahl, so kann das Vorgeplänkel bisher nur enttäuschen. Statt sich auf inhaltliche Alternativen zu konzentrieren, wirken die Republikaner manchmal wie eine Truppe heillos überforderter Verlegenheitskandidaten. Fast so, als wäre das B-Team am Start, weil die erste Mannschaft sich nicht aufs Spielfeld traut.

Da ist Rick Perry, ein anfangs mit eindeutig zu viel Vorschusslorbeer bedachter Texaner, der im resoluten Ton eines Radikalreformers drei Ministerien einzusparen versprach, aber nur zwei zu nennen wusste. Ein Mann der religiösen Rechten, bei dem sich forsche Parolen auf verhängnisvolle Weise mit Inkompetenz paaren. Mit Newt Gingrich bewirbt sich ein strammer Ideologe der Neunzigerjahre, der lieber auf kleinkarierten Parteienstreit setzt statt auf die pragmatische Lösung angestauter Probleme. Ein Konservativer, dessen Rhetorik schnell ins Demagogische abgleiten kann und der über Obama sagt, dass man ihn wohl nur begreife, wenn man das antikoloniale Denken Kenias verstehe. Ein böswilliger Satz, der den ersten Schwarzen im Oval Office gezielt zum Fremdkörper abstempeln soll. Da ist Mitt Romney, der als Geschäftsmann ein Vermögen scheffelte, indem er Industriekonglomerate aufkaufte und in ihre Einzelteile zerlegte, manche Firmen zum Erfolg führte und andere in den Bankrott. Ob er ein Amt ausfüllen kann, in dem Profit nicht das Leitmotiv ist, muss sich zeigen. Immerhin gilt er als Wirtschaftsexperte, der flexibel genug sein dürfte, mit der Opposition Kompromisse zu machen.

Doch Romney ist nicht der Mann der republikanischen Herzen, er fremdelt mit seiner Partei. Man sieht es daran, wie schwer es dem Favoriten des Establishments fällt, sich als die Nummer eins des Feldes herauszuschälen. In den Umfragen in Iowa, wo am Dienstag die Serie der Vorwahlen beginnt, hat der Außenseiter Ron Paul die Nase vorn. Ein libertärer Abenteurer, der die amerikanische Notenbank auflösen und den Staatshaushalt um ein Drittel zusammenstreichen möchte. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis, zumindest bei den Republikanern, Orientierung einzieht. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 3.1.2012)